Kefir

Das Wort Kefir stammt vom türkischen Wort „keyif“ ab und bedeutet „Wohlbefinden“.

Kefir ist ein fermentiertes Milchgetränk aus Kuh-, Schafs-, Ziegen- oder Pferdemilch. Der in der Milch enthaltene Milchzucker (Lactose) wird zunächst von Milchsäurebakterien in Milchsäure, von Propionibakterien in Propionsäure und von weiteren Bakterien in Essigsäure, Diacetyl, Zitronensäure, Brenztraubensäure, Acetoin, Acetaldehyd und Aminosäuren umgewandelt, welche zum charakteristischen Geschmack des Kefirs beitragen.
Schließlich wird die verbleibende Lactose überwiegend von den langsameren Hefen in Alkohol und Kohlendioxid umgewandelt. Aufgrund des geringen Restgehalts an Milchzucker kann Kefir nach ausreichender Reifezeit ebenso wie Joghurt, Buttermilch und Dickmilch auch von den meisten Menschen mit Laktoseintoleranz konsumiert werden.

Kefirpilz

Bei der Herstellung wird der Milch ein Kefirpilz oder sogenannte Kefirknöllchen zugesetzt. Diese lassen den Milchzucker vergären, zersetzen das schwer verdauliche Kasein und bewirken die Bildung von Kohlen- und Milchsäure sowie geringen Alkoholmengen.

Inhaltsstoffe

  • Mikroorganismen:
    • Milchsäurebakterien wie Lactobacillus acidophilus, Bifidobacterium bifidum, Streptococcus thermophilus, Lactobacillus delbrueckii subsp. bulgaricus, Lactobacillus helveticus, Lactobacillus kefiranofaciens, Lactococcus lactis und Leuconostoc in Konzentrationen von rund einer Million zu einer Milliarde koloniebildender Einheiten pro Milliliter.
    • Essigsäurebakterien
    • Propionibakterien
    • Hefen, die Lactose verarbeiten können: Kluyveromyces marxianus, Kluyveromyces lactis und Saccharomyces fragilis
    • Hefen, die keine Lactose verarbeiten können: Saccharomyces cerevisiae, Torulaspora delbrueckii, and Kazachstania unispora.
  • Gärungsprodukte: Milchsäure, Kohlensäure, Kohlendioxid, Ethanol (Alkohol)
  • Nährstoffe: Polysaccharide (Mehrfachzucker) wie Kefiran (ein Stoffwechselprodukt der Milchsäurebakterien).
  • Vitamine oder Vitaminvorstufen: Vitamin A, Vitamin B1, Vitamin B2, Vitamin B6, Vitamin B12, Vitamin D, Folsäure, Niacin
  • Mineralstoffe: Calcium, Eisen, Iod, Magnesium
  • ausgewogenes Aminosäurenprofil (aus Ziegenmilch i. B. Glutaminsäure, Tryptophan+Valin, Leucin und Lysin)

Kefiran, ein neues Polysaccharid, das im Kefirkorn von Lactobacillus brevis produziert wird. Fast die Hälfte des Materials, das die mikrobielle Population des Kefirkorns einbettet, besteht aus Kefiran, einem Polysaccharid, das zu gleichen Teilen aus Galaktose und Glukose besteht.
Kefiran ist das Kapselmaterial der großen stäbchenförmigen Bakterien, die in den Körnern vorherrschen und die Eigenschaften von Lactobacillus brevis haben.

Herstellung

Rohmilch, Gärgefäß und Kefirpilze

Zutaten:

  • 500 Milch
  • ca. 1EL Kefirpilz

Wichtig: Fassen Sie Ihre Kefirpilze niemals mit den Händen an. Benutzen Sie ausschliesslich Ihre Werkzeuge, um sie zu berühren. Ihre Hände sind nie so sauber, dass Ihr Kefirpilz nicht mit unerwünschten Keimen und Hefen kontaminiert würde!

  1. Füllen Sie die Milch (Zimmertemperatur) in das saubere Gärgefäß
  2. Geben Sie nun den Kefirpilz mit in das Gärgefäß.
  3. Verschließen Sie das Gärgefäß und setzen Sie einen Gärspund auf.
  4. An einem lichtgeschützen Ort bei Zimmertemperatur für 24 – 36 Stunden stehen lassen.
  5. Füllen Sie nun das fertige Getränk mithilfe eines Siebs um.
  6. Das Gärglas und alle anderen Utensilien nun gründlich reinigen.
  7. Nun können Sie wieder bei Punkt 1 beginnen und ununterbrochen neuen Kefir herstellen. Der Kefirpilz wird dabei wachsen und Sie können ihn teilen und verschenken oder einfrieren.
Gefrorener Kefirpilz

Die Kefirkulturen mögen keine leicht oxidierenden Metalle wie Kupfer, Aluminim, Silber oder Eisen. Rostfreier Stahl, der in der Küche benutzt wird, ist hingegen bedenkenlos einsetzbar. Wenn Sie den fertigen Kefir abseihen, verwenden Sie ein Sieb und einen Trichter aus Kunststoff oder Edelstahl.

Kefir gilt als laktosefrei bzw. laktosearm, da der Milchzucker beim Gärprozess nahezu komplett abgebaut wird. Dafür enthält das Getränk wertvolle Probiotika, die besonders gut für eine gesunde Darmflora sind und langfristig so auch das Immunsystem unterstützen.

Es gibt 2 Formen der Milchkefir-Gärung:

  1. Gärung bei hoher Temperatur (20-28° C): Hierbei sind bessere Umweltfaktoren für die Bakterien, als für die Hefen gegeben. In diesem Fall trennt sich die Molke (die Wasser-ähnliche Flüssigkeit, die sich unten absetzt) schneller vom Quark (die weiße, cremige Masse mit fester Konsistenz, die sich oben absetzt). Bei höheren Temperaturen setzt verstärkt die Milchsäuregärung ein. Der fertige Kefir enthält dann weniger Alkohol und schmeckt saurer (so ähnlich wie Joghurt).
  2. Gärung bei niedriger Temperatur (8-18° C): Hierbei sind bessere Umweltfaktoren für die Hefen als für die Bakterien gegeben. In diesem Fall entsteht mehr Kohlensäure und der Kefir schmeckt milder (weniger sauer). Bei niedrigen Ansatztemperaturen überwiegt im Kefir-Getränk die Hefegärung: Der fertige Kefir enthält dann mehr Kohlensäure und Alkohol und schmeckt stärker nach Hefe. Es entsteht dabei etwas mehr Alkohol. Der Alkohol kann bis zu 2% erreichen.

In Russland ist der Kefir (Кефи́р)ein fester Bestandteil des Ernährungsplans für Kinder ab einem Alter von sechs Monaten. Das fermentierte Milchgetränk schützt die Darmflora vor Krankheitserregern und enthält die Vitamine A, D, K und E. Es ist leicht verdaulich und auch für Menschen mit Laktoseintoleranz geeignet.

Ursprünglich stammt der Kefir aus der Kaukasusregion, wo es in Ziegenlederbeuteln zubereitet und hängend in der Nähe des Hauseingangs gelagert wurde. Jeder, der durch die Tür ging, verpasste dem Beutel einen kräftigen Schlag und half so, die Milch zusammen mit den körnigen Pilzkulturen gut zu mischen.

Echter Kefir sollte nicht pasteurisiert und länger als 14 Tage gelagert werden. Für Kleinkinder ist die Haltbarkeitsdauer des Kefirs sogar auf fünf Tage beschränkt.

Der im Supermarkt erhältliche Kefir hat nichts mit selbstgemachetem Kefir zu tun.

In der industriellen Fertigung wird eine längere Haltbarkeit verlangt, da auch Transportwege etc. einkalkuliert werden müssen. Auch enthält Kefir Kohlensäure, was ebenfalls ein Problem für Transport und Lagerung darstellen würde.
Um diese Probleme zu umgehen, werden für industriell gefertigten Kefir besondere Kulturen verwendet, die oben genannte Einschränkungen nicht kennen. Meistens sind diese Kulturen aber auch abgetötet (pasteurisiert).

Käse aus Kefir
Der leider im Februar 2021 viel zu früh verstorbene Australier Dominic Anfiteatro hatte eine Webseite (auf Englisch) geschaffen, in der er alle seine jahrelangen Erfahrungen zusammengefasst hatte. Seinem Gedächtnis zu Ehren ist diese Webseite neu überarbeitet jetzt endlich wieder online: Doms Kefir Seite – Wer hier nicht fündig wird, der wird nirgendwo fündig!

Kefir als Starter ist die perfekte Käsereikultur. Kefir kann in Käsen aus pasteurisierter Milch eine rohmilchähnliche Biodiversität aufbauen und eine starke und berechenbare Fermentation in Rohmilchkäse gewährleisten. Die mikrobiologische Biodiversität von Kefir bietet einen weiten Bereich an Kulturen, die das Starten und Reifen vieler verschiedener Käsesorten begünstigt. Seine ihm eigenen Pilzkulturen fördern eine gesunde Population von Hefen und Pilzen auf den Rinden vieler Sorten von gereiften Käsen.

Um mit Kefir eine Verkäsung zu starten, gibt man zu Beginn des Prozesses den fermentierten Kefir direkt in die warme Milch. Etwa 60 ml Kefir reichen für ca. 4 Liter Milch. Für 20 Liter genügen etwa 240 ml. Gewöhnlich werden etwa 2% der Milchmenge an Kefir zugesetzt. Besondere Rezepturen und Geschmacksrichtungen verwenden aber auch deutlich mehr Kefir. Ich habe auch schon 1 Liter auf 10 Liter Milch verwendet. Irgendwann ist die Milch aber zu sauer, dann funktioniert das Lab nicht mehr.


Raclette Käse

Zutaten für den Käse:
34 Liter Milch
350 ml Joghurt
350 ml Kefir
95 ml Distellab
Brevibacterium Linens Kultur
Salz
weißer Essig

Zutaten für die Rotschmierelösung:
0,5 Liter abgekochtes Wasser
25 g Salz
1 Prise Brevibacterium Linens Kultur
evtl. etwas Weißwein

Milch erhitzen und säuern
Die Rohmilch wird auf 33 °C erhitzt und dann werden die Kulturen (Joghurt, Kefir und eine Prise Brevibacterium Linens Kultur) zugesetzt.

Tipp für die Zugabe von Kulturen: Einen Liter Milch in ein desinfiziertes Glas geben und dann schnell auf die Beimpfungstemperatur von 33 °C erhitzen. Die Kulturen dazugeben und im Wasserbad warmhalten und lassen. Die Milch mit den Kulturen reift nun ca. 60 Minuten lang.
Während dieser Zeit wird die Hauptmilchmasse auf 33 °C erhitzt. Wenn die Milch die Beimpfungstemperatur von 33 °C erreicht hat, ist auch due vorgereifte Kultur einsatzbereit.

Die vorgreifet Kultur in die Hauptmilchmasse geben und weitere 30 Minuten bei 33 °C reifen lassen.
Nun das Lab in die Milch geben und kurz in einer leichten Auf- und Abbewegung verrührt.
Nach etwa 30 Minuten sollte die Milch eindicken und nach 45 Minuten fest genug zum Schneiden sein. Im Vergleich zu anderen Käsesorten ist dies ein sehr weicher Käsebruch, daher sollten man beim Schneiden und Rühren vorsichtig und langsam vorgehen.
Wenn der Käsebruch einen guten Schnitt mit sauberen Rändern zulässt, schneidet man zunächst ca. 2 – 3 cm große Würfel.
Den Bruch nun etwa 5 Minuten ruhen lassen, damit sich die Ränder verfestigen.
Den Bruch nun auf die Größe einer Kaffeebohne schneiden und weitere ca. 10 – 15 Minuten ruhen lassen.
Der endgültige Schnitt erfolgt nun mit einem Schneebesen oder einer Schaumkelle.
Der fertige Bruch sollte etwa die Größe einer Kaffeebohne haben und ruht wieder ca. 10 Minuten.
Es werden nun etwa 25 % der Molke entfernt. Dann wird der Bruch gebrannt, indem langsam so viel 60 °C warmes Wasser zugegeben, bis der Käsebruch in ca. 30 Min. unter Rühren eine Temperatur von 38 °C erreicht, das ist das Brennen des Bruchs. Nicht über 40 °C erhitzen, sonst schmilzt der Käse später schlecht.
Nun 15 Minuten lang langsam rühren, damit der Bruch nicht klumpt. Nach dem Brennen sollte der endgültige Bruch die Größe eines Gersten- oder Maiskorns haben.
Das Entfernen der Molke und die anschliessende Wasserzugabe wäscht Laktose aus dem Käse.
Der fertige Käsebruch sollte gut durchgekocht sein und man sollte prüfen, ob ihm genügend Feuchtigkeit entzogen wurde, und sich sich keine Klumpen gebildet haben. Der Käsebruch sollte durchgehend fest sein und einen mäßigen Widerstand aufweisen, wenn er zwischen den Fingern gedrückt wird.
Wenn dieser Punkt erreicht ist, kann sich der Bruch 10 Minuten unter der Molke absetzen.
Der nächste Schritt ist das Entfernen der Molke bis zum Käsebruch.
Danach wird die Masse mit Hilfe einer Abtropfmatte oder Käsetuchs langsam an einer Seite des Bottichs verdichtet und leicht zu einer festen Masse gedrückt. Diese kann dann in das Abtropfgitter gerollt und in die mit einem feuchten Käsetuch ausgelegte Form gegeben werden, die beide bereits mit heißem Wasser desinfiziert und bereitstehen sollten. In der Form die Käsemasse gut einkneten, bevor sie gepresst und verfestigt wird.
Sobald der Käsebruch in der Form liegt und sich verfestigt hat, zieht man das Tuch an den Rändern straff und faltet es sauber über die Oberseite.
Als Nächstes wird das Pressbrett aufgelegt und darüber ein Gewicht gelegt, um den Käsebruch während der weiteren Reifung zu verdichten. Zu Anfang beginnen wir mit einem Gewicht von 10 kg.
Um jedoch optimale Bedingungen im Bereich von 27 – 30 °C zu schaffen und die gute Kulturaktivität zu gewährleisten, muss oft ein Inkubator eingerichtet werden. Dazu dient eine isolierte Kunststoffbox in die warmes Wasser mit Molke vermischt eingefüllt wird. Auch eine große Kühlbox kann dafür verwendet werden. Die Form mit dem Käse und dem Gewicht wird auf einem Abtropfgitter in die Box gestellt Der Käse darf nicht in der Molke stehen.
Den Käse 1 Stunde lang unter dem Gewicht ruhen lassen.
Am Ende der 1 Stunde hat sich der Käsebruch deutlich verdichtet. Den Käse nun aus dem Tuch und der Form nehmen, drehen und wieder in das Tuch eingeschlagen in die Form geben. Das Brett und das Gewicht auflegen und alles wie oben beschrieben wieder in den Inkubator stellen, wobei gegebenenfalls warmes Wasser nachgegossen werden muss. Der Käse darf nie im Wasser stehen.
Den Ganze sollte noch einmal eine Stunde lang ruhen.
Am Ende der zweiten Stunde des Pressvorgangs sieht der Käsebruch viel fester aus und kann dann mit 23 kg Gewicht für die nächsten 12 Stunden (über Nacht) gepresst werden. Der Käse kann über Nacht im Inkubator auf Raumtemperatur abkühlen, Hauptsache die Luftfeuchtigkeit bleibt in der Box hoch.
Am nächsten Morgen kann der Käse aus der Form und dem Tuch genommen werden und sollte gut verfestigt sein.
Den Käse nun in einem kühlen Raum bei 10 – 12 °C und mit einem feuchten Tuch abgedeckt ruhen lassen, damit er die Temperatur der Salzlake erreicht.

Salzen
Zum Salzen des Käses eine gesättigte Salzlake bereithalten. Die vorbereitete Salzlake kann bei 10 – 12 °C aufbewahrt werden.
Eine einfache Formel für die Salzlake ist: 4 Liter Wasser, dem 1 Kg Salz, und 1 Teelöffel weißer Essig hinzugefügt werden.
Der Käse muss nun etwa 14-16 Stunden in der Salzlake ruhen, bei einem 4 Kg Käse also etwa 4 Stunden pro Kilo Käsemasse.
Der Käse wird über der Salzlake schwimmen, also ein oder zwei Teelöffel Salz auf die Oberseite des Käses streuen.
Nach der Hälfte der Einsalzest den Käse umdrehen und die Oberfläche erneut mit Salz bestreuen.
Die Oberfläche am Ende des Salzbades abwischen und den Käse ein oder zwei Tage lang an der Oberfläche trocknen lassen. Dabei den Käse täglich drehen. Die Oberfläche wird in dieser Zeit etwas dunkler werden.

Reifung
Sobald der Käse nach dem Salzen abgetrocknet ist, ist er bereit für den Reiferaum. Hierfür sind 10 – 12 °C und etwa 90 – 94% Feuchtigkeit erforderlich.
Um die Feuchtigkeitsschwankungen zu vermeiden, empfiehlt sich eine Reifebox aus Kunststoff.
Zu Beginn wird der Käse täglich herausgenommen und jeglicher Schimmel, der in den ersten Tagen auftritt, wird mit einem trockenen Tuch abgewischt. Nach einigen Tagen wird die Oberfläche etwas fettig werden und es wird sich eine kleine Schleimschicht bilden. Es kann auch ein fruchtiges Aroma wie Birne oder Apfel wahrnehmbar sein. Dies ist auf die natürliche Hefe zurückzuführen, die sich niedergelassen und zu wachsen begonnen hat.

Die gewaschene Rinde
Diese fettige Schicht lässt sich mit dem trockenen Tuch, das zuvor verwendet wurde, nicht mehr bekämpfen.
Hier ist nun eine leichte Salzwäsche mit Rotschmierelösung erforderlich. Die Rotschmierelösung wird aus 1 Liter abgekochtem Wasser, 50 g Salz und eine Prise Brevibacterium Linens Kultur gemischt. Die Lösung hält sich im Kühlschrank etwa 3 Wochen.
Dann den Käse mit einer Bürste oder einem Tuch abwischen, um alle dunklen Schimmelpilze zu entfernen. Dann mit der Rotschmierelösung abbürsten.
Den Käse 10 Tage lang jeden zweiten Tag mit der oben beschriebenen Rotschmierelösung und eventuell mit etwas Weißwein abbürsten.
Sobald sich die Oberfläche zu entwickeln beginnt, nur noch 2x pro Woche abbürsten, bis der Käse reif ist, das dauert etwa 3 – 4 Monate.
Mit der Zeit bekommt der Käse ein schönes rosiges Aussehen mit einer dünnen Rinde, und das Aroma ist kellerfeucht und von mittlerer bis milder Schärfe. Wenn der Käse zu häufig gewaschen wird, kann sich eine dicke Kruste bilden, die beim Trocknen abblättern kann (Risse und Schalen).


Raclette, wer hat’s erfunden? Die Schweizer?
¿Ja, die Schweizer haben das Raclette zu dem gemacht was es heute ist. Ob sie es erfunden haben, bleibt zu bezweifeln. Bereits aus der Antike sind aus dem Mittelmeerraum Berichte über am Feuer erhitzen Käse überliefert. Siehe dazu den Menuepunkt „Käsegeschichte“. Erste Hinweise auf einen Vorläufer des späteren Raclette du Valais stammen aus dem vierten vorchristlichen Jahrhundert. Die ältesten noch erhaltenen Dokumente, die Käseschmelzen im Schweizer Wallis beschreiben, gehen auf das Jahr 1574 zurück.

Was dann die Deutschen unter Raclette verstehen bzw. daraus gemacht haben, sorgt in der Schweiz für Kopfschütteln und Unverständnis: „Alles aufs Pfännchen, Käse drauf, fertig!“ In der Schweiz undenkbar.

Der Begriff Raclette stammt vom französischen Wort für schaben, „racler“. Der Käse wurde und wird vom am Feuer erhitzen Laib direkt auf den Teller bzw. auf die Gschwellti, also die Kartoffeln geschabt.

Im Gegensatz zu Deutschland, wo Raclette ein Winteressen bzw. ein Sylvesteressen ist, isst man Raclette im Wallis das ganze Jahr über. Selbst im Sommer, am Schweizer Nationalfeiertag, dem 1. August. Raclette wird in der Schweiz immer dann serviert, wenn es einen schönen Anlass gibt, bei dem die Leute Zeit haben und es gemütlich zugehen soll.

Da der Begriff „Raclette“ an sich nicht geschützt ist, wird Raclettekäse heute über die Walliser Kantonsgrenzen hinaus auch in Teilen der übrigen Schweiz, Frankreichs, Österreichs, Deutschlands, Finnlands und der Vereinigten Staaten hergestellt. Der Fährnis halber muss gesagt werden, dass sich viele andere Käse ebenfalls zum Raclette eignen.

Schweizer Raclette ist ein leichtschmelzender Käse, der sowohl in flachen runden Laiben von 29 – 32 cm Durchmesser mit gerader, nicht konkaver Järbseite, regelmäßiger Höhe von 6 – 7,5 cm und einem Gewicht von 4,6 – 5,4 kg als auch in flachen rechteckigen Laiben von 25-40cm Durchmesser, 6 – 7,5 cm Höhe und einem Gewicht zwischen 3,5-7,5 kg hergestellt wird. Der Teig ist elfenbeinfarben, weich, schneidbar und hat keine oder nur wenige, kleine Löcher (2 – 3 mm im Durchmesser). Die Rinde ist trocken und weißlich oder sie wird geschmiert und ist dann gelblich bis rötlich. Sie kann mitverzehrt werden, wenn der Laib ohne Konservierungsstoffe hergestellt wurde. Wegen der vorgesehenen Verwendung zum Grillen wird angestrebt, dass Raclette möglichst gleichmäßig und ohne Fettaustritt schmilzt, wodurch er sich auch für Käsefondue und zu Käsegerichten eignet.

Traditionell wird im Schweizer Kanton Wallis ein halber Käselaib an der Feuerglut geschmolzen. Sobald die obere Schicht flüssig ist, wird sie mit dem Messer oder einem Holzspatel abgeschabt.

Bei solchen Geräten sollte man nicht am falschen Ende sparen. 1.000 Watt Leistung sind das Minimum, wenn das Raclette gelingen soll. Schwächere Geräte sind eher unerfreulich in der Handhabung.



Was unterscheidet schweizerisches Raclette von deutschem Raclette?

In Deutschland wird Raclette zumeist als ein Essen betrachtet, bei dem es darum geht, so viel Kartoffeln, Gemüse und Fleisch, aber auch Obst wie Ananas etc. auf ein kleines Pfännchen zu laden. Darüber kommt dann eine dünne, rechteckige Käsescheibe, die kurz bis zur Schmelze gegrillt wird. Aus Walliser Sicht werden hier einige Todsünden begangen, aber der es sei gesagt, erlaubt ist was schmeckt!

Im Wallis und den anderen Teilen der Schweiz gibt es zum Raclette niemals Fleisch. Zum Aperitif kann luftgetrocknetes Rindfleisch (Bündner Fleisch) oder Rohschinken serviert werden. Zum Käse gibt es aber traditionell Gschwellti (Kartoffeln), eingelegte Silberzwiebeln und Essiggurken (Kornichons) oder anderes Senfgemüse.

Auch in der Schweiz werden mittlerweile neben den Racletteschmelzern für große Käselaiber auch Pfännchen verwendet. Nur kommen ins Pfännchen hier keine Beilage, sondern nur der Raclettekäse. Die Beilagen sind Nebensache, der Käse spielt die Hauptrolle, weshalb man auch nie am Käse geizen sollte.


Käsekessel aus Kupfer

Das Spurenelement Kupfer erfüllt, im Zusammenhang mit Eisen, eine wichtige Funktion im Körper. Seine Hauptaufgabe besteht in seiner Beteiligung an der Bildung des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin: Kupfer hilft bei der Einbettung des Zentralatoms Eisen in den Blutfarbstoff. Es erleichtert auch den Eisentransport bei der Durchblutung. Dadurch ist das Spurenelement entscheidend für die einwandfreie Funktion des Herzkreislauf-Systems und es unterstützt den Erhalt der Plastizität der Blutgefäße.
Weiterhin unterstützt Kupfer das Immunsystem, Knochen, Blutgefäße und die Nerven. Auch an der Pigmentierung von Haut und Haaren ist das Spurenelement beteiligt. Der tägliche Bedarf an Kupfer beträgt etwa 2 mg.

Kupfer kann mit säurehaltigen Lebensmitteln giftige Verbindungen bilden. Daher dürfen Speisen nicht in Kupfergeschirr aufbewahrt werden. Vitamin C (die chemische Bezeichnung für Vitamin C lautet Ascorbinsäure) wird durch Kupfer völlig zerstört.

Gute Käsekessel werden aus qualitativ hochwertigem Kupfer hergestellt. Kupferkessel haben einen positiven Einfluß auf die Käsegewinnung, weil Kupfer den manchmal auftretenden, unangenehmen schwefeligen Geschmack neutralisiert. Kupfer hat eine Antibakterielle Wirkung und tötet Keime ab. Das aus den Gefäßwänden gelöste Kupfer wirkt sich als Spurenelement dabei positiv auf den Reifeprozess aus. Im weiteren Herstellungsprozess verhindert Kupfer, dass das entstehende Käsegranulat an der Innenseite des Kessels kleben bleibt. Das aus den Gefäßwänden gelöste Kupfer wirkt sich als Spurenelement dabei positiv auf den Reifeprozess aus. Durch den Herstellungsprozess im Kupferkessel, wird aber auch einiges an Kupfer im Käse verbleiben. Im Kupferkessel werden traditionellerweise einige bekannte Hartkäse hergestellt, unter anderem Parmesan, Gruyere, Emmentaler.

Ascorbinsäure wird während des Käsens im Kupferkessel völlig oxydiert, wohingegen im Stahlkessel ein hoher Anteil erhalten bleibt. Auch im reifen Käse kann der angestiegene Cu-Gehalt an Hand der Oxydationsgeschwindigkeit zugesetzter Ascorbinsäure nachgewiesen werden. Der Kupfergehalt im Käse kann durch die Kesselgrösse (Verhältnis Volumen/Oberfläche) beeinflusst werden.

Käse der lange im Bruch liegen muss, sollte nicht im Kupferkessel hergestellt werden. Es würde zu viel Kupfer gelöst und der Bruch kann und wird sich verfärben, er würde grünlich werden. Alles was sehr lange dickgelegt werden muss, sollte im Edelstahlkessel verarbeitet werden. Da sich das gelöste Kupfer positiv auf den Reifeprozess auswirkt, ist die Verarbeitung im Kupferkessel bei Frischköse, der ja lange dickgelegt wird, auch nicht notwendig, da er nicht reifen muss.
Eine Alternative ist das Erhitzen und Säuern im Kupferkessel und dann ein Umfüllen in einen Edelstahlkessel.

Die Auswirkungen der Fabrikation von Emmentalerkäse im Kupferkessel oder im Edelstahlkessel wurden wissenschaftlich untersucht. Im ersten Fall wird der Kupfergehalt etwa auf das 10fache erhöht, im zweiten Fall bleibt der Eisengehalt gleich. Der vergleichsweise höhere Kupfergehalt wirkt sich auf oxydationsempfindliche Stoffe aus. Ascorbinsäure wird während des Käsens im Kupferkessel vollständig oxydiert, im Stahlkessel bleibt ein hoher Anteil erhalten. Auch im reifen Käse kann der angestiegene Kupfergehalt an Hand der Oxydationsgeschwindigkeit zugesetzter Ascorbinsäure nachgewiesen werden.
Der Eiweißabbau ist in den im Kupferkessel hergestellten Käsen verzögert; eine Hemmung der Bakterien-Proteasen und möglicherweise eine Umsteuerung fermentativer Vorgänge wird vermutet. Bei den organoleptischen Beurteilungen wurden die im Stahlkessel hergestellten Käse wegen eines scharf-beißenden, im höheren Alter an Schwefelwasserstoff erinnernden Geruches meistens abgewertet.
Die Milchsäuregärung und die Propionsäuregärung im Emmentalerkäse wird durch die bei Kupferkesselfabrikation aufgenommenen Kupfermengen (10–15 mg/kg) wahrscheinlich etwas verzögert. Die Buttersäuregärung wurde im Modellversuch durch die gleichen Kupfermengen völlig unterdrückt.

Kupfer mit Essig und Salz reinigen
Gib etwa 100 ml Essigessenz (25%) auf einen halben Liter Wasser und rühre einen Esslöffel Salz ein – fertig ist dein Kupfer-Reiniger!
Trage ihn mit einem Tuch auf das schmutzige Kupfer auf, lass ihn einige Minuten einwirken und spüle dein Kupfer dann mit warmen Wasser ab.

Insidertipp:
Auch Marmelade sollte man immer in einem Kupfertopf anrühren. So erfüllt der Käsekessel gleich zwei Aufgaben.
Kupfer wirkt dabei auf die Pektinmoleküle in den Früchten. Beim Kochen von Marmelade (Marmelade wird im Gegensatz zu Konfitüre ausschliesslich aus Zitrusfrüchten hergestellt) oder Konfitüre werden die in den Zellwänden der Früchte enthaltenen Pektinmoleküle freigesetzt. Kupfer fördert die Bindung dieser langen Moleküle und die verbundenen Pektinmoleküle bilden eine Art dreidimensionales Netz, das die gesamte Kupferschüssel durchzieht und Wasser und Fruchtaromen regelrecht „einfängt“. Durch die Kupferionen werden Bakterien eleminiert und der Geschmack wird intensiver, man benötigt deutlich weniger Zucker und die Marmelade geliert besser. Mit ein wenig Zitrone zieht die Marmelade noch besser an. Die Kochzeit verringert sich und sämtliche Aromen bleiben erhalten.

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Distellab selbst herstellen

Eine Distelblüte (Cynara cardunculus) trocknet im Keller

Die Gerinnungskraft von pflanzlichem Labenzym schwankt. Sie hängt von vielfältigen Faktoren ab, wie Wachstumsbedingungen, Entwicklungsstadium der Pflanze, Alter der Pflanzenteile, Trocknungs- und Lagerbedingungen, der Art des eventuell verwendeten Extraktionsmittel u.v.m.
„Columella“, ein römischer Großgrundbesitzer, hat in seinem „re rustica“, einem Lehrbuch der Landwirtschaft, umfangreiche technologische Angaben zur Herstellung von Käse niedergelegt. Er empfiehlt zum Beispiel als Labersatz die Blüten wild wachsender Disteln oder den Saft des Feigenbaumes (eignet sich nur für Frischkäse). Hier werden Begriffe genannt, von denen sich die heutigen Bezeichnungen für Käse ableiten. Aus Kalathos (griechisch) = Korb beziehungsweise Caseus (latein) = Korb wurden „Käse, Cheese, Queso, Kaas“. Das französische „Fromage“ kommt von „forma“, der Form für die Käsebereitung.

Es gibt verschiedene Rezepturen für die Herstellung von Distellab.
Hier eine kleine Sammlung:

1. Die Methode wie man in Italien Lab aus Wilddisteln herstellt,
von Vincenzo G.

„Ich erntet perfekt reife und aufgeblühte Wilddisteln (tiefviolett oder fuchsiafarben, je nach Distelart). Dann schneide ich sie mit ca. 20-25 cm Stiel ab und bilde Sträuße (mit je 4-5 Disteln), die ich am Ende mit einer Schnur festbinde und dann kopfüber an einem kühlen Ort (Keller bei einer Temperatur von 17-18 °C) und vor Licht geschützt kopfüber aufhänge. In lasse sie 20 Tage lang trocknen. Danach gehe ich mit aller notwendigen Sorgfalt vor, um „Stiche“ von den Dornen der Distel zu vermeiden, und beginne die Staubgefäße und die Stempel mit viel Feingefühl herauszuziehen, sie dürfen dabei nicht brechen. Dann legte ich die extrahierten Staubgefäße und Stempel in mäßig warmes Wasser (42 °C), wobei sie alle vom Wasser bedeckt sein müssen. Dann deckte ich die Schale mit einem Teller ab, um sie vor Licht zu schützen, und lasse sie so für 24 Stunden stehen. Das Wasser, das ich verwendet habe, war natürliches Mineralwasser (nicht aus der Leitung) im Verhältnis 1 zu 10 (40 g Staubgefäße und Stempel eingetaucht in 400 ml Wasser). Nach 24 Stunden nehme ich die Staubgefäße und die Stempel aus der Schale und pressen sie mit den Händen, damit sie die aufgesaugte Flüssigkeit abgeben. Mit Hilfe eines zuvor mit warmem Wasser gewaschen und dann getrockneten Seihtuchs wird die Flüssigkeit dann zweimal gefiltert, um so jede Art von Verunreinigung zu beseitigen. Der pH-Wert lag bei 5,9 (ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das der richtige pH-Wert für pflanzliches Lab ist). Zum Schluss wird die Mischung in eine Plastikflasche umgefüllt und bei 6 °C in den Kühlschrank gestellt.

Dann nahm ich einen halben Liter Milch, um zu testen, ob das Lab die Milch tatsächlich gerinnen lässt. Es dauerte 90 Minuten, aber schließlich gerann die Milch. Ich erhitzte sie auf 40 Grad und gab 2,5 ml Lab hinzu (500 ml pro 100 Liter Milch).
Der Käsebruch war sehr zart, aber das erwartete ich, weil ich hier und da gelesen habe, dass die Verwendung von Distellab zu einem Käsebruch führt, der länger dauert als ein herkömmlicher, weniger ergiebig ist, sehr zerbrechlich und weich ist und einen leicht bitteren Geschmack hat. Ich habe es tatsächlich probiert, sehr präsenter zartbitterer Geschmack, aber nicht lästig.

Nach verschiedenen Tests kann ich mit Sicherheit sagen, dass das ideale Verhältnis von Verdünnung und Aufguss von Staubgefäßen und Stempeln 1/4, 1/5 beträgt, um ein Lab mit einem pH-Wert von 5,2/5,3 und einer Gerinnungsfähigkeit von 1:15000/1:2000 zu erhalten.

Kommerzielles pflanzliches Lab wird auf die gleiche Weise hergestellt, aber im Labor wird Ammoniumsulfat hinzugefügt. Ammoniumsulfat wird als Düngemittel in der Landwirtschaft, aber auch für Lebensmittel (E 517) verwendet und entsteht durch eine chemische Reaktion zwischen Ammoniak und Schwefelsäure.

Natürlich gibt es auch eine direkte Methode, um Milch mit Distelblüten gerinnen zu lassen. Diese Methode ist in Spanien und Portugal weit verbreitet. Dazu nimmt man die Staubgefäße und Stempel der Distel (wenn sie schön reif ist und leuchtend fuchsiafarben sind), wickelt sie in ein Tuch und legt das Bündel in die Milch, wobei man sie mindestens eine Minute lang umrührt. Die heiße Milch zieht die gerinnenden Enzyme an und die Milch gerinnt nach 40-60 Minuten.

Bedenken Sie, dass Distellab, insbesondere wenn es selbst hergestellt wird, äußerst akzeptabel ist. Er verleiht dem Käse eine deutlich erdige Note von Unterholz, Stroh, Pilzen und Gras. Eine unverwechselbare Facette.

Distellab sollte in größeren Mengen verwendet werden als normales Lab oder gekauftes Distellab. Seien Sie aber vorsichtig, denn es hat eine hohe proteolytische Kraft. (Als Proteolyse bezeichnet man die enzymatische Hydrolyse von Proteinen durch Peptidasen, also den Abbau von Proteinen. Von Autoproteolyse spricht man, wenn sich eine Peptidase selbst abbaut. Die Proteolyse kann durch Proteaseinhibitoren gehemmt werden. Ein Proteinhydrolysat ist ein Produkt einer Proteolyse.)

2. Anleitung aus Brasilien
Auf einer Seite aus Brasilien findet sich eine Anleitung zur eigenen Cardo-Käse-Herstellung, die hier auf deutsch zusammengefasst ist:
Im Herbst werden die Röhrenblüten der stacheligen Cardo geerntet und im Schatten zum Trocknen ausgelegt. Die Cardo-Blüten halten sich lange. Mit der Zeit verliert das in ihnen enthaltene Enzym jedoch an Kraft, so dass man bei alten Vorräten etwas mehr Cardo verwenden muss.
Will man einen Käse machen, setzt man zuerst eine Infusion bzw. einen Aufguss aus Salz (20 – 35 Gramm pro Liter Milch) und getrockneter Cardoblüte (1 – 2,5 Gramm pro Liter Milch) auf. Wenn der Cardo gezogen hat, wird die bereits pasteurisierte Milch auf Körpertemperatur erwärmt (35 – 40 °C). Bevor man den fertigen Aufguss der Milch zufügt, muss auch dieser auf 28 – 30 °C erwärmt werden.

3. Anleitung aus Italien von Gianfranco
Für das Distellab sammelt er im Frühsommer die voll aufgeblühten Blüten wilder Disteln, Cynara cardunculus, hängt sie umgekehrt zum Trocknen auf und weicht die violetten Blütenblätter in lauwarmem Wasser ein. Zwanzig Blüten sind nötig, um hundert Liter Milch dickzulegen – auf diese Idee kommt man nur in einer Landschaft, die von Disteln förmlich bestimmt wird.
Gianfranco sagt, mit Distellab laufe vergleichsweise weniger Molke aus dem frischen Käse ab, sodass sein Käse etwas feuchter und säuerlicher ist.

4. Distellab aus der Kratzdistel (Cirsium vulgare)
Dieses Rezept verwendet die Gewöhnliche Kratzdistel (cirsium vulgare), eine violette Distel, die an vielen Orten als Unkraut wächst.
Entfernen Sie den Blütenkopf der Distel, nachdem er an der Pflanze ein wenig gebräunt ist. Pflücken Sie den Kopf, bevor er beginnt, Distelflaum zu produzieren. Nehmen Sie die Blüten mit und trocknen Sie diese an einem sonnigen, belüfteten Ort. Sobald die Blütenköpfe vollständig getrocknet ist, pflücken Sie die Staubgefäße oder die purpurnen Fäden von dem Kopf ab. Geben Sie die geernteten Staubgefäße in ein sauberes, trockenes Glas mit luftdichtem Deckel.

Was Sie brauchen:
5 Esslöffel gemahlene Kratzdistel (Cirsium vulgare)
1 Schüssel warmes Wasser
1 Plastiksieb

Zerkleinern Sie die getrockneten Staubgefäße der Distel in einem Mörser. Mahlen Sie so viel, dass Sie 5 Esslöffel Pulver erhalten.
Legen Sie die getrockneten und gemahlenen Staubgefäße in eine kleine Schüssel. Geben Sie warmes Wasser (nicht heiß, um die gerinnungsfördernden Enzyme nicht abzutöten) in die Schüssel und lassen Sie das Gemisch 10 Minuten ziehen. Das Wasser wird eine braune, trübe Farbe annehmen, wenn es fertig ist.
Seihen Sie die Flüssigkeit ab. Diese Flüssigkeit ist das Distellab zur Verwendung bei der Käseherstellung. Verwenden Sie diese Flüssigkeit anstelle von tierischem Lab in der Menge von 240 ml Distellab pro ca. 4 Liter erwärmter Milch.
Wenn Sie es nicht sofort verwenden können, bewahren Sie das Distellab in einem fest verschlossenen Glas im Kühlschrank auf. Um beste Ergebnisse zu erzielen, verwenden Sie es so schnell wie möglich verwenden. Wenn Sie das Lab nicht sofort verwenden, lagern Sie die Distelstempel besser getrocknet in einem luftdicht verschlossenen Glas im Kühlschrank.

5. Rezeptur aus dem Buch: Die Kunst der natürlichen Käseherstellung von David Asher
Die bekannteste Pflanze mit milchgerinnenden Eigenschaften ist die wilde Artischocke mit dem botanischen Namen Cynara cardunculus. Sie ist eine nahe Verwandte der Kugelartischocke und wird kommerziell wegen ihrer fleischigen Stängel angebaut, die in der Mittelmeerküche gerne verwendet werden. Ebenfalls dient sie oft als Zierde wegen ihrer auffälligen Blüten mit borstigen Dornen und einem Schopf aus kräftig blauen Blütenblättern. Aus den getrockneten Blütenblättern der wilden Artischocke erhält man ein milchgerinnendes Enzym, das bei einigen traditionellen portugiesischen und spanischen Schafs- und Ziegenkäsen wie dem Torta del Casar verarbeitet wird. Ein Absud aus den getrockneten Blütenblättern, der in die Milch gegossen wird, kann die Milch zu einem halbfesten Bruch gerinnen lassen.
Dafür lassen Sie zwei Gramm getrocknete Artischockenblütenblätter für eine Stunde in 60 ml warmem Wasser ziehen. Seihen Sie die Flüssigkeit ab, drücken Sie den Saft aus den Blütenblättern und gießen Sie den Labersatz in etwa vier Liter warme gesäuerte Milch, genau so, als würden Sie Kälberlab verwenden. Die bucklige Monferrato-Distel (Cardo gobbo di Nizza Monferrato) kann auch zu Distellab verarbeitet werden.

6. Distelab mit Salz
Die Blütenblätter der Cynara cardunculus (Familie Asteraceae, Gattung Artischocken), eine Distel- Artischocke, werden bei der Produktion des portugiesischen D.O.P.-Käses Queijo Serra da Estrela (Queijo da Serra) eingesetzt. Dabei werden entweder die getrockneten Blütenblätter mit Salz zerstampft, angefeuchtet und in ein Tuch gegeben, das dann zum Durchseihen der Käsereimilch dient. Oder es wird ein Extrakt aus den Blütenblättern gewonnen, welcher der Käsereimilch zugegeben wird.
Auch wird aus einem Aufguss aus den Staubblättern von Cynara cardunculus die rohe Schafsmilch dickgelegt.

7. Ein weiteres Distellab Rezept
Der Teil der Karde, der zur Gerinnung von Milch für die Käseherstellung verwendet wird, sind die lavendelfarbenen Staubgefäße, die während der Blütezeit der Pflanze erscheinen. Die Staubgefäße können abgezupft oder mit einem Messer von der Basis abgeschnitten werden. Die Staubgefäße sollten bei Raumtemperatur etwa 3 Wochen lang getrocknet werden, Ich hänge sie dazu kopfüber im Heizungskeller auf. Die getrockneten Staubgefäße sind bis zu 2 Jahre haltbar.

In einem Mörser oder einem Mixer mahlen Sie die Staubgefäße zu einem Pulver. Die empfohlene Verwendungsmenge ist 1 Gramm getrocknete Blüten pro Liter Milch. Die gemahlenen Staubgefäße werden in Wasser bei Zimmertemperatur in einem Verhältnis von 1 Gramm Staubgefäße auf 10 ml Wasser eingeweicht. Lassen Sie die Mischung 30 Minuten ziehen. Vor der Verwendung durch einen Papierfilter abseihen. Der gereiften Milch bei 30 °C hinzufügen, d. h. 100 ml Lösung auf 10 Liter Milch. Die Gerinnung sollte innerhalb von 30 bis 45 Minuten erfolgen. Es können auch frische Blüten verwendet werden, wobei der Verbrauch leicht reduziert werden kann, da die Aktivität in frischem Zustand stärker ist. Dieses Gerinnungsmittel ist stärker proteolytisch und führt zu einem weicheren Käse, der wie gewünscht hergestellt werden kann.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Labenzymen, die nur die Enden der Milchkasinproteine abschneiden, spaltet Distellab die Kasinproteine an vielen Stellen. Bei Kuhmilch kann dies zu einem leicht bitteren Geschmack führen, jedoch nicht aber bei Ziegen- oder Schafsmilch. Ich selbst habe nie einen bitteren Geschmack feststellen können. Der bittere Geschmack tritt abe rnur bei Überdosierung des Distellab oder bei falscher Herstellung desselben auf.

Ich zerkleinerte die Staubgefäße mit einem Stößel und Mörser und mischte sie mit 70 ml abgekochtem und abgekühltem Wasser. Das Wasser muss warm, aber nicht zu heiß sein. Wenn das Wasser zu heiß ist, tötet es das Enzym in der Pflanze ab, das den Käsebruch binden soll. Ich ließ die Mischung 30 Minuten ziehen, während meine Milch kultiviert wurde, dann filterte ich sie durch einen Kaffeefilter und verwendete sie wie normales Lab.

8. Mariendistel (Silybum marianum)
Mariendistel eignet sich auch zum dicklegen der Milch. Das Wichtigste ist, dass es voll erblüht und ausgereift ist.

9. Rezept aus dem Montefeltro und den Marken
Die Narben der Blüten werden in etwas warmes Wasser eingerieben und eingeweicht. Die gesamte Mischung wird in frisch gemolkene, bereits erwärmte Milch gefiltert, die mit langsamen, regelmäßigen Bewegungen gewendet. Die Milch wird etwa 40 Minuten lang ruhen gelassen. Nachdem der Käsebruch in sehr kleine Partikel zerkleinert wurde, lässt man ihn einige Minuten ruhen, damit sich der Käsebruch am Boden des Behälters absetzen kann. Danach wird die Masse in die traditionellen Formen, die „Fascere“ gelegt und mit den Handflächen gepresst, um das Abfließen der Molke zu erleichtern. Das Trockensalzen erfolgt, indem die Käse in Salz eingelegt und alle 12 Stunden bis zu maximal 2 Tagen gewendet werden. Die Reifung dauert zwischen 2 und 6 Monaten.

Anmerkung:
„Frischer Distelextrakt besteht hauptsächlich aus einem komplexen Proteinasesystem. Proteinasen sind Enzyme, die Proteine spalten. Dabei lösen sie Peptidbindungen zwischen einzelnen Aminosäuren durch Hydrolyse.
Proteinasen sind in der Distelpflanze, insbesondere in den Stempeln, wahrscheinlich in Form von Zymogenen vorhanden, so dass die Gerinnungsaktivität des Extrakts mit der Zeit nach der Extraktion zunimmt.
Zymogene oder Proenzyme sind inaktive Enzymvorstufen. Im Gegensatz zu Apoenzymen werden sie durch Proteasen (Proteolyse) oder das Enzym selbst (Autoproteolyse) in die aktive Form überführt.
Aktive Distelextrakte weisen nur zwei Proteinasen auf, obwohl kürzlich ein Verfahren entwickelt wurde, bei dem der Distelrohextrakt mit (NH₄)₂SO₄ (Ammoniumsulfat – E 517) in unterschiedlichen Mengen behandelt wird, um die Rückgewinnung von drei Proteinasen zu ermöglichen, wodurch die Gerinnungsfähigkeit des Labs erhöht und gleichzeitig seine proteolytische Aktivität verringert wird.“

Hinweise:
Das in Deutschland bei Käsereibedarf Leidinger angebotene Distellab enthält ebenfalls Salz.

Einige Informationen besagen, dass es bis zu eine Nacht dauern kann bis die Milch dickgelegt ist, wenn die verwendeten Disteln alt waren? Bei der Verwendung von pflanzlichem Lab kann es also bis zu 24 Stunden dauern, bis der Käsebruch fest wird.